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26. August 2020

„Wir schaffen das“ – Fünf Jahre danach

Die Bilder der Flüchtlingskrise

Fünf Jahre nach „Wir schaffen das“ – dem mittlerweile geflügelten Wort von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Fünf Bilder, die für die so genannte Flüchtlingskrise in Deutschland stehen. Fünf Schlaglichter, hinter denen spannende Geschichten und Menschen stecken.

Über Geflüchtete wurde viel geschrieben, man erinnert sich an ikonische Bilder. Bamdad Esmaili und Matthias Fuchs haben sich die Geschichten hinter den Bildern angeschaut.

Video: Das tote Kind am Strand: Bilder der Flüchtlingskrise | mehr

Die Bilder dienen als roter Faden, zeigen die Emotionen. Die Zahlen bieten die Chance auf einen unverstellten Rückblick. Was ist „gefühlte“ Wahrheit und was steht wirklich in den Statistiken?

Was schätzen Sie?

Überprüfen sie ihre Annahmen über Geflüchtete in Deutschland

Mit „Was schätzen Sie“ laden wir Sie ein, Ihre gefühlte Wahrheit auf den Prüfstand zu stellen. Ziehen Sie mit der Maus oder dem Finger die Balken und Linien so, wie sie die jeweiligen Zahlen einschätzen. Mit einem Klick auf "Wie ist's tatsächlich?" erhalten Sie das Ergebnis.

Alan Kurdi - der tote Junge am Strand

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Das Bild von Alan Kurdi entstand am 2. September 2015. Die Leiche des Jungen liegt am Strand von Akyarlar an der türkischen Küste. Außer Alan sterben sein Bruder Ghalib und seine Mutter Rehanna, als ihr Schlauchboot auf dem Weg zur griechischen Insel Kos kentert. Alans Vater Abdullah hatte Schleppern 4.000 Euro für die Überfahrt bezahlt – nur er überlebt.

Im Jahr 2015 zählte das Flüchtlingswerk der Vereinen Nationen insgesamt 3.771 Tote, ein Jahr später waren es sogar mehr als 5000. Die Tragödie um Alan Kurdi sorgte im September 2015 dafür, dass die Flüchtlingskrise plötzlich nicht mehr abstrakt war, sondern sehr real.

Realität ist auch, dass heute noch Tausende Flüchtlinge versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Auch Kinder. Bei diesen Versuchen sind nach Schätzungen des UNHCR in diesem Jahr 443 Menschen gestorben.

Willkommen in Deutschland

Viele Menschen engagieren sich im Herbst 2015 in der Flüchtlingshilfe. Eine davon ist Nicole Kopp aus München, die 2015 am Münchener Hauptbahnhof Teddybären an Flüchtlingskinder verteilt. Die seien froh gewesen, dass da jemand gewesen ist, der ihnen eine Freude gemacht habe, erinnert sich Nicole Kopp.

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Heute werden Helferinnen und Helfer wie sie im Internet teils spöttisch als „Bahnhofsklatscher“ bezeichnet. Sie sieht das anders. Mit ihrer Arbeit habe sie geholfen, eine neue Seite von Deutschland zu zeigen.

„Wir schaffen das“ – Selfie mit der Kanzlerin

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Am 4. September 2015 werden Tausende Geflüchtete von Ungarn aus in Richtung Österreich weitergeleitet. Daraufhin fällt die Bundesregierung die Entscheidung, die Grenzen nicht zu schließen und die Menschen ins Land zu lassen.

Die Begründung für diesen Schritt hatte die Bundeskanzlerin bereits fünf Tag vorher geliefert: "Deutschland ist ein starkes Land … wir schaffen das". Ein Satz, der in die Geschichtsbücher eingeht. Ebenso wie das Bild von Angela Merkel mit erhobenem Daumen auf dem Selfie von Anas Modamani, das am 10. September 2015 in Berlin entsteht.

Anas Modemani war vor seiner Flucht nach Deutschland nicht sonderlich interessiert an Politik. Das hat sich mittlerweile geändert - er lernte Deutsch, lebt heute in Berlin und studiert Medienmanagement.

Diesen Trend zeigen auch Zahlen des Bundesamts für Migration. Je länger Geflüchtete in Deutschland sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie Arbeit haben. Nach zwei Jahren haben 17 Prozent, nach fünf Jahren bereits 49 Prozent einen Job. Unterschiede gibt es auch zwischen Männern und Frauen. Nach fünf Jahren liegt die Erwerbstätigenquote bei den Männern bei 57 Prozent, bei den Frauen haben 29 Prozent eine bezahlte Arbeit.

Wegscheid - Kapazitäten an der Grenze

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Im Herbst 2015 wächst der Druck auf die Grenzen. Österreichische Behörden bringen Ende Oktober an einem Tag mehr 1.000 Geflüchtete an die Grenze - wo sie von der bayerischen Polizei in Empfang genommen werden. In der niederbayerischen Gemeinde Wegscheid entsteht dabei das bekannte Foto mit einer langen Schlange von Geflüchteten hinter einem Polizeiwagen.

Die Aufnahme der Geflüchteten stellt viele Kommunen in Deutschland vor Probleme. Aufnahmeplätze müssen gefunden werden, Turnhallen werden freigeräumt und auch der Prozess der Registrierung der Geflüchteten gestaltet sich anfangs schwierig.

Zum Stichtag 30. Juni 2019 lebten etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland, die unter verschiedenen Voraussetzungen Schutz bekommen haben. Etwa 20 Prozent von ihnen leben bereits seit mindestens sechs Jahren in Deutschland. Rund ein Drittel sind Minderjährige.

Clausnitz - Ankunft in der Flüchtlingsunterkunft

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In Deutschland formiert sich 2015 und 2016 Widerstand gegen die Aufnahme von Geflüchteten. Das bekamen unter anderem die Menschen zu spüren, die am 18. Februar 2016 in Clausnitz im Erzgebirge ankamen. An der Flüchtlingsunterkunft wurden sie von Protestierenden erwartet.

Die Unterbringung der Geflüchteten war 2015/16 vor allem für die Kommunen eine große Herausforderung. Die Verteilung auf die einzelnen Bundesländer orientiert sich auch heute am sogenannten Königssteiner Schlüssel. Je nach Größe und Wirtschaftskraft des Landes werden die Geflüchteten-Kontingente auf die Länder verteilt. NRW liegt 2019 demnach bei 21,1 Prozent, Bayern bei 15,6 Prozent. Sachsen erhält fünf Prozent, Thüringen 2,6 Prozent.

Der Ablauf der Unterbringung ist geregelt. Asylsuchende werden zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach spätestens sechs Monaten soll der Aufenthalt dort enden und die Geflüchteten werden auf Gemeinschaftunterkünfte verteilt oder in einer Wohnung untergebracht. Dafür sind die Stadt- und Landkreise zuständig.

Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern.

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